|
Seite
4
Handlungsforscher
wie LEIST, LOIBL, KÖRNDLE, SCHERER, THOLEY - mich selbst rechne ich auch
dazu - prägen und verwenden diese Begriffe, wenn es um - Bewegungssteuerung,
- Bewegungsvorstellung, - kognitive Repräsentation und - Transfer und
Lernen geht. Damit verbunden sind - als Folge - handlungs-, wahrnehmungs-
und regulationspychologische Analysen zum Auffinden geeigneter methodischer
Gliederungen und Lehrmaßnahmen. Ihr Flevo-bike stellt nach meinem Eindruck
auch hohe Anforderungen an den Fahrlehrer und seine Methodikkompetenz.
|
|
|
Interessant!
Vielleicht könnten mir diese Ansätze bei der Lösung der Aufgaben helfen,
die ich mir z.Zt. stelle, nämlich freihändig leicht aus einer Kurve herauszukommen,
Schlangenlinien und Achten fahren. Zum freihändigen Kurvenfahren hilft
es, die Geradeausfahrt, die nach der Kurve kommt, visuell-vorstellungsmäßig
vorwegzunehmen. Das hilft mir offensichtlich sehr dabei, dass sich das
Rad ohne Kraftaufwand scheinbar wie von selbst wieder aufrichtet. Schlangenlinien
scheiterten bei mir lange Zeit daran, dass sie sich aufschaukelten, extremer
und unkontrollierbar wurden. Wenn man den Kurvenwechsel früher antizipiert,
bleibt die Amplitude der Sinusschlange moderato. Ich habe den Konstrukteur
des Flevo-bikes, Johan Vrielink in Dronten dazu befragt. Zum Kurvenwechsel
und gegen das Übersteuern in der Kurve rät und demonstriert Mijnher Vrielink
einfach: In langsamen Kurven die äußere Schulter zurücknehmen! Also nicht
mit dem Oberkörper in die Kurve hineinrotieren. Wieder ganz analog wie
beim Skilaufen. |
Das
deutet auf die hohe Bedeutung der Antizipation, die sich aus Situationswahrnehmung,
Bewegungserfahrung und -gefühl und aus vielfältigen Erfahrungen von Operations-Effekt-Beziehungen
speist. Dann bleibt nur noch zu klären, wie all diese Einsicht im Kopf
meinen stummen Diener Kleinhirn (das Kleinhirn birgt und speichert alle
motorischen Routineprogramme) dazu bringen kann, mich auch entsprechend
zu bedienen.Ich habe da schon einige Fragen: Einmal an das Fahrrad selbst,
das mir entdecken müsste, was es haben will. Wie reagiert das Gerät,
was will es von mir? Fragen auch an jemanden, der es kann: Welche Vornahmen
treffen Sie - vor dem Anfahren, vor Kurven etc. Welche Tricks haben Sie
für sich entwickelt? Auf welche Reaktionen des Gerätes achten Sie besonders?
Gehen alle Steuerbewegungen immer von Ihnen selbst aus, oder überlassen
Sie sich dem Gerät und warten einfach ein bisserl zu, dass etwas von
alleine geschieht? Insbesondere wären auch Fehler und Ach-so!-Erlebnisse
(motorische Aha-Erlebnisse) aus Ihrem eigenen Lernprozess spannend. Kennen
Sie Situationen, in denen das Rad mit Ihnen macht was es will? Mit welchen
Vorstellungen haben Sie sich während des Lernprozesses herumgeschlagen?
|
|
|
Innere
Vorstellungen, mh... Ich hatte lange Zeit das Bild, ich fahre auf einem
Tigerrücken entlang, quergestreift, nach beiden Seiten immer steiler
abfallend, in der Mitte nur eine schmale Spur, auf der sich locker im
Gleichgewicht fahren lässt. Kommt man davon ab, ist es mühsam, auf die
Mittellinie zurückzugelangen. Davon ist die Leitvorstellung geblieben,
tatsächlich ruhig und mittig, 'entspannt im Hier und Jetzt' um die antizipierte
Ideallinie herum zu schwingen. Ich las einmal über das Flevobike: "Man
fährt es entweder entspannt oder gar nicht". Die Fahrtüchtigkeit wird
spürbar durch Stressoren gemindert: Ein Hund, der mich in den Arm beißen
könnte (der Arm ist in Höhe der Hundeschnauze, und nach ihm treten kann
ich nicht!), ein Passant, der in einer engen Durchfahrt auftaucht, jeder
unerwartete Verkehrsteilnehmer, alles das kann die Gelassenheit irritieren. |
Das
lässt mich vermuten, dass Sie Ihren Tieflieger vorwiegend feiertags auf
dem Aldi-Parkplatz fahren. |
|
|
So
hat es auch angefangen. Man fährt anfangs, wohin das Rad fährt, und ist
vollauf damit beschäftigt, überhaupt oben zu bleiben. Als Anfänger lässt
man sich von Hindernissen ganz viel Raum wegnehmen, viel mehr als "objektiv"
notwendig wäre. Aber man fährt eben in einem subjektiven, in einem erlebten
Raum und nicht in einem euklidisch-metrischen Raum. Angst verkleinert
diesen Raum. |
Wie
ist das im Verkehr, sind Sie sicher? Sind andere vor Ihnen sicher? Ich
sehe an Ihrem Gerät auch weder Rückspiegel, noch Blinker oder Blaulicht.
|
|
|
Im
Verkehr bleiben Probleme. Der Blick über die Schulter ist eingeschränkt.
Man weiß nie, ob man besonders auffällt oder ob man besonders übersehen
wird. Und mir widerstrebte es, dieses pure Stück Technik mit Rückspiegel
undWarnfähnchen zu verschandeln! An vollgeparkten Einmündungen kann man
nicht über die Autodächer hinwegschauen: Da habe ich mir den Blick in
die Kurve durch die Autoscheiben und unter den Autos hindurch angewöhnt.
Durchschlängeln ist nicht drin, das Rad ist ja auch nicht so wendig.
Man muss sich insgesamt disziplinierter verhalten. Es machte mir ein
Jahr lang die größten Schwierigkeiten, den Blick von der Fahrtrichtung
abzuwenden, um etwa nach rechts in eine Einfahrt zu schauen. Ich habe
das probiert und geübt. Den Kopf nach links wenden, in die Landschaft
schauen, das brachte mich anfangs aus dem Gleichgewicht. |
weiter
|
|
|